Hallo Frau Weissberg,
herzlichen Glückwunsch!!!!! Ist das ein schönes Buch!!!
Wunderschöne Ansichtskarten auch mit den Detailaufnahmen!!!
Klasse! Glücklich bin ich, wenn ich die „Verknüpfungen“ zu uns nach Mitte, Prenzlauer Berg sehe. Rheinstr. 28 schenkt Pfefferberg und Groterjan Bier aus der Schönhauser Allee aus.
Hankes Bäckerei hatte sowohl eine Filiale in der Rheinstraße als auch Kastanienallee 2.
Die Cyliax Schokolade, die in der Rheinstraße 55 verkauft wurde,
ist in der Kastanienallee/Schwedter Straße hergestellt!!
Herrlich, man sieht, „Regionalmarketing“ gab es schon immer.
Noch einmal herzlichen Glückwunsch zu diesem wirklich lesens-
und anschauenswerten Buch!!
Mit freundlichen Grüßen aus der Kastanienallee, Uwe Hauptmann, 20. Juli 2010
Blickkontakt mit der Vergangenheit
Bildband zeigt das Straßenbild Friedenaus vor 100 Jahren
FRIEDENAU. Schon seit fast 25 Jahren begeben sich Hermann Ebling und Evelyn Weissberg auf die Suche nach Bildnissen längst vergangener Zeiten. Wie geschäftig es vor über 100 Jahren in Friedenau zuging, das zeigen sie im Bildband „Friedenauer Geschäfte 1900 bis 1914“.
Die Schubladenkästen in der Wohnung von Hermann Ebling und seiner Partnerin Evelyn Weissberg verwahren den Schatz Friedenauer Stadtgeschichte. Hermann Ebling greift blind in den Schubladenkasten und zieht eine Karte heraus. Es ist erstaunlich: Die Tausende Lichtbilder memoriert Hermann Ebling mit Leichtigkeit. Kein Wunder, denn allein das Auffinden eines Fotos auf einem seiner Flohmarktbesuche brennt sich dem Finder unauslöschlich ins Gedächtnis. Von Beruf ist er Tonmeister beim Film. In seinem anderen Leben ist er Amateurhistoriker. Hermann Ebling kann anhand einer Fotografie nicht nur die Entwicklung Friedenaus von der Kolonie des Kommunalverbands Deutsch-Wilmersdorf zur Landgemeinde erzählen. Seine Geschichte ist angereichert mit all den Bewohnern und ihren alltäglichen Verrichtungen, nicht nur mit den bekannteren wie etwa Rosa Luxemburg oder Karl Kaultsky, Kurt Tucholsky oder Ernst Ludwig Kirchner. „Tucholsky verbrachte nicht die schönste Lebenszeit in Friedenau“, fließt es aus Hermann Ebling in einem fort. Und das Bild Kirchners von der Friedenauer Brücke, das formte die Grafikerin Evelyn Weissberg zum Emblem für den Verlag „Edition Friedenauer Brücke“ um. Der Verlag dient als Publikationsmöglichkeit für die Sammelwut und die detektivische Arbeit der beiden Friedenauer, die seit 30 Jahren Zugezogene sind.
Am 2. Juli erscheint nun der Bildband, für den Hermann Ebling und Evelyn Weissberg allein sechs Monate brauchten, um die Fotos auszuwählen und sie kompositorisch in eine stimmige Reihe zu fügen. Übrigens
ganz ohne Kommentar: „Wir wollten einen Blickkontakt in die Vergangenheit herstellen“, sagt Evelyn Weissberg.
Einzig ein einleitender Text erklärt die Einzelhandelsentwicklung in Friedenau, wo 1899 noch 43 Herren- und Damenschneider ansässig waren – und 1914 schon 185. „Die Geschäftszeilen wuchsen mit der Bevölkerung“, weiß Hermann Ebling, denn allein zwischen 1900 und 1914 verfünffachte sich die Anwohnerzahl.
Auf den 132 Seiten ist eine Vielfalt zu entdecken, die in Zeiten der globalisierten Shopping-Malls verschwunden ist – doch nicht immer, wie das Uhrenfachgeschäft von Hans Lorenz in der Rheinstraße beweist. Es sei das einzige in Friedenau, das noch heute im Familienbetrieb ist, wissen die findigen Rechercheure.
Foto und Beitrag: Karolina Wrobel, Berliner Woche, 30. Juni 2010
Die Stadtteilzeitung
Friedenauer Geschäfte -Ein Bilderbuch
„Kauft am Platze!“
Gab es 1873 in Friedenau erst 50 Gebäude mit über 500 Menschen, die noch alle Gebrauchsgüter
mühselig aus den Nachbargemeinden herbeischaffen mussten – mit einem Fuhrwerk, dessen Haltestelle sich vor der heutigen Nicolaischen Buchhandlung
befand – so war die Zahl der Wohngebäude bis 1881 bereits auf das Doppelte angewachsen
und 1500 Personen mussten versorgt werden.
Als dann 1899 Friedenau sein 25jähriges Jubiläum feierte und die Einwohnerzahl mehr als 10 000 Menschen betrug, hatten sich längst zahlreiche Geschäfte, Gewerbetreibende, Handwerksbetriebe und Gastwirte hier niedergelassen, und niemand musste sich mehr zum Einkaufen nach Wilmersdorf oder ins „ferne“ Berlin begeben. „Kauft am Platze, dann kauft ihr vorteilhaft!“ wie der Friedenauer Lokal-Anzeiger eindringlich warb. Der in Friedenau ansässige Schriftsteller Georg Hermann hat zu diesem Thema in seinem Roman „Der kleine Gast“ eine ergötzliche Episode geschrieben, die wir in dem Buch nachlesen können.
Das Alltägliche wird zum Besonderen
Was für ein Glück, dass es soviele Fotografen gab, die durch die Stadt zogen und die Strassenbilder festhielten, die sich ihnen boten! Ihnen ist der neue Bildband der edition Friedenauer Brücke gewidmet, in dem wir die Friedenauer Geschäftswelt und ihre Umgebung betrachten können, die im frühen 20. Jahrhundert mit ihren Waren die Bevölkerung versorgten. Feinkostläden boten „Gespickte Hasen, (tägl. frisch)“, Delicatessen aller Art, Weine und Liköre, Wild und Geflügel, feines Tafelobst und Confitüren für die Gut-Betuchten an, Bäckereien und Conditoreien warben mit „Backwaren frei Haus“, Uhren- und Goldwarenhändler hatten alles für „gehobene Ansprüche“ auf Lager. Es gab auffallend viele Cigarren- und Cigarettengeschäfte, und überall sprudelte
reichlich das Bier, von der Stehbier-Halle über die Eck-Kneipe bis zum feinen Kaiser-Wilhelm-Garten in der Rheinstrasse.
Überhaupt die Rheinstrasse!
Als „Lebensader“ Friedenaus, durch die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts die Strassenbahn fuhr (anfangs dampfbetrieben, seit 1898 elektrisiert), wies sie die größte Geschäftsdichte auf und führt den Reigen der Friedenauer Strassen im Bildband an.
Aber auch hier finden sich neben grossen Restaurants und Cafés (wer erinnert sich noch an das Café Wanke?) kleine Läden und Handwerksbetriebe, ein kleiner Blumenladen, die Sü.warenhandlung Cyliax, die noch nach dem 2. Weltkrieg existierte, und auch die Apotheke an der Kaisereiche gab es schon damals.
Doch auch die kleineren und größeren Friedenauer Nebenstrassen boten eine Fülle von Geschäften und Gewerbetreibenden, Milch-Trinkhallen (Sahne-Verkauf 3x tägl.frisch), sogar schon eine Auto-Reparatur-Werkstatt, eine Plätt-Anstalt, ein Geschäft für Putz und Posamenten (was war das doch gleich?) und vieles
mehr, und die Drogerie Losch warb für Salon-Oel und Petroleum, ein kleiner Obst- und Gemüseladen gar mit dem Slogan „English spoken“! Und Arm wie Reich (diese vertreten durch ihre Dienstmädchen) traf sich zum Markttag auf dem Lauterplatz, der heute Breslauer Platz heißt (noch ohne das Rathaus, das erst 1916/17 erbaut wurde). Mehrere schöne Fotos zeugen vom lebhaften Treiben dort, dem Menschengewimmel, den Pferdefuhrwerken
der Bauern aus der Umgebung, dem Zeitungspapiertüten drehenden Mädchen.
Mit dem Buch in der Hand
Und alle, alle ließen sich gern fotografieren vor ihren Geschäften, meist gleich mit Kind und Kegel. Herausgeputzt und Besitzerstolz blicken sie in die Kamera und geben uns Heutigen einen Einblick in das Friedenauer Leben vor hundert Jahren, vor den beiden Weltkriegen und der Umgestaltung unserer Lebenswelt. Man möchte mit dem
Buch in der Hand durch unsere Strassen gehen und schauen, und man sollte es auch tun – es lohnt sich! Jeder kann vergleichen: wie sah es früher aus, was ist daraus geworden; wie hat sich mein Haus verändert, oder ist es gleich geblieben?
Da Friedenau vergleichsweise wenig vom letzten Krieg betroffen war, können wir die nicht immer schönen, aber meist interessanten Fassaden der Häuser von damals heute noch betrachten und vergleichen, ob sie nicht fast noch so aussehen wie früher. Nur die Geschäfte sind nicht mehr da, haben gewechselt, sind ausgebaut, „modernisiert“
worden; manche sind ganz verschwunden. Wieder hat die edition Friedenauer Brücke ein schönes Friedenaubuch herausgegeben - eine ideale Ergänzung zu ihrem Buch „Friedenau erzählt (1871 bis 1914)“.
Sigrid Wiegand, Stadtteilzeitung, Juli/August 2010, www.stadtteilzeitungschoeneberg.de